Der Schlosspark Niederschönhausen liegt ziemlich zentral im Berliner Stadtbezirk Pankow. Dieser
weitläufige Park ist vollkommen umgeben von Wohnsiedlungen. In den Park integriert liegen zwei
Kleingartenanlagen und ein nachts verschlossener, besonders gepflegter Bereich mit dem Schloss
Schönhausen. Der Bereich um das Schloss wird von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten,
der verbleibende größere Teil vom Natur- und Grünflächenamt gepflegt. Die Panke durchfließt den
Park der Länge nach.
Karte vom Schloßpark Niederschönhausen.
Die auf einem ehemaligen Hutewald basierende Anlage enthält eine große Anzahl von Baumarten
und viele zum Teil bemerkenswerte Einzelbäume. Der Baumbestand ist größtenteils alt und
entsprechend strukturreich. Besonders hervorzuheben sind das so genannte "Eichenwäldchen" und
einige einzelstehende Eichengruppen, die unter anderem dem Heldbock (auch Großer Eichenbock
genannt) Lebensraum bieten. Der hohe Anteil an Höhlungen verschiedenster Exposition und
Ausprägung wird auch durch das Vorkommen von Osmoderma eremita (SCOPOLI) (Eremit,
Juchtenkäfer) unterstrichen, dessen erster Nachweis 2001 durch die Fachgruppe Entomologie Berlin
gelang. Durch eigene Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass 145 weitere an Holz
gebundene Käferarten von dem Strukturreichtum profitieren. Neben der Präsenz im Schlosspark sind
von einigen Arten nur einzelne weitere Vorkommen in Berlin und Brandenburg bekannt. Ferner
konnten 24 in Totholz nistende Stechimmenarten im Park erfasst werden. Hervorzuheben ist der
Wiederfund von Symmorphus debilitatus (SAUSSURE) im Jahr 2002, der einzigste aktuelle Nachweis
in Berlin.
Das Vorkommen des Heldbockes im Schlosspark Niederschönhausen ist seit 1784 dokumentiert (1).
Weitere Populationen dieses Bockkäfers befinden sich in Berlin auf der Pfaueninsel, im Grunewald
und in Karlshorst.
Schlosspark Niederschönhausen mit Heldbockeichen (links) und der Panke (rechts)
Der Park steht einerseits unter einem starken Nutzungsdruck durch die erholungssuchende
Bevölkerung und unterliegt andererseits den Auflagen des Denkmalschutzes (der Park ist ein
Gartendenkmal von regionaler Bedeutung), was in beiden Fällen zu Interessenskonflikten mit den
Zielen des Artenschutzes führt. Der deutschlandweit vom Aussterben bedrohte Heldbock (Rote Liste 1)
unterliegt der Bundesartenschutzverordnung und ist wie der Eremit eine Fauna-Flora-Habitat
(FFH)-Art.
Durch jahrelange Fällungen und Schnittmaßnahmen von Totholz aus Gründen der Einhaltung der
Verkehrssicherungspflicht ist die einst sehr stattliche Heldbock-Population im Schlosspark Niederschönhausen (2)
so stark geschrumpft, dass der Fortbestand akut gefährdet ist!
Seit 2000 setzt sich die Fachgruppe Entomologie Berlin intensiv für den Schutz und Erhalt des Heldbockes
ein und fordert folgende Maßnahmen:
- Unterschutzstellung des Schlossparks Niederschönhausen mit seinem alten Eichenbestand.
(Eine seit Jahren vom NABU Berlin, insbesondere der Entomologen, geforderte Unterschutzstellung
wird von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Obersten Naturschutzbehörde Berlins, abgelehnt.)
- Pflanzung neuer Eichen, um den alten Eichenbestand zu ergänzen. (Eine erste Eichenpflanzung gab es 2002.)
- Durch schnellwüchsige Bäume wie Ahorn und Robinie sind einige potentielle Brutbäume so stark beschattet,
dass keine weitere Besiedlung mehr durch den Heldbock erfolgt. Daher ist eine Freischneidung dieser Eichen angebracht.
- Eichen, die vom Heldbock besiedelt werden, sollen aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht nicht frei für
Spaziergänger zugänglich sein.
Weitere Informationen zum Schutz des Heldbocks finden sich unter:
http://berlin.nabu.de/themen/Artenschutz/15059.html
Pflanzung einer jungen Eiche
Die Fachgruppe Entomologie Berlin veranstaltet jährlich im Schlosspark Niederschönhausen eine
Führung
zum Vorkommen und zur Lebensweise des Heldbockes.
Heldbock-Führung im Schlosspark Niederschönhausen
Literatur:
- SCHMIDT, G. (1963): Ein kostbarer "Berliner" - Der Große Eichenbock Cerambyx cerdo L. Berliner Naturschutzblätter 7, 404 - 408
- DÖHRING, E. (1955): Zur Biologie des Großen Eichenbockkäfers (Cerambyx cerdo L.) unter besonderer Berücksichtigung der Populationsbewegungen im Areal. Zeitschrift für angewandte Zoologie 42, 251 - 373